NEWS 2/2023
Hoher Schadenersatzbetrag für in Ungarn geschädigten Zahnarztpatienten
Der Fall, über den sowohl das Rechtspanorma der Tageszeitung Die Presse, die Neue Vorarlberger Zeitung sowie Der Standard Online bereits berichteten, musste bis vor den Obersten Gerichtshof getragen werden. Dieser hatte trotz eines gegenteiligen Ausspruchs des OLG Innsbruck die außerordentliche Revision des Klägers zugelassen und mit Urteil vom 24.10.2023, 7 Ob 122/23a, über die Rechtssache endgültig entschieden.
Der Oberste Gerichtshof sprach dem Kläger aufgrund der gerichtlich festgestellten zahnmedizinischen Fehlbehandlung einen Kapitalbetrag von 103.144,55.- samt Verzugszinsen zu. Allein die dem Kläger zu zahlenden Verzugszinsen summierten sich infolge der sehr langen Verfahrensdauer auf EUR 14.454,45.-.
Zwischenzeitlich hat die beklagte ungarische Zahnarztklinik den Urteilsspruch des OGH bereits vollumfänglich erfüllt.
Einen beträchtlichen Teil der zugesprochenen Summe muss der Kläger für die Vollsanierung seines durch die ungarische Klinik massiv beschädigten Bisses und die Sanierung des Verlusts zahlreicher Zähne wegen mangelhafter Wurzelbehandlung mit anschließenden Entzündungsherden aufwenden.
Bemerkenswertes Detail am Rande: Der Kläger fand im Inland trotz mehrerer Anläufe keinen einzigen Zahnarzt, der bereit gewesen wäre, sein durch die Fehlbehandlung in Ungarn vollkommen ramponiertes Gebiss und Kausystem zu sanieren. Erst nachdem sich ein deutscher Zahnarzt in Illertissen, Spezialist für Endodontie, Implantologie, Funktion und Rekonstruktion, des Patienten annahm, wendete sich dessen Zahnbehandlungsmisere wieder zum Positiven.
An Schmerzengeld erhielt der Kläger EUR 40.000.- zugesprochen.
Mit Ausnahme eines in der Klagsforderung bereits berücksichtigten geringen Betrags für nicht frustrierte Leistungen der Beklagten musste sich der Kläger gemäß dem oberstgerichtlichen Urteil infolge der ungarischen Zahnbehandlung keine weiteren Abzüge an „Sowieso-Kosten“ gefallen lassen. Das Oberlandesgericht Innsbruck hatte zulasten des Klägers als „Sowieso-Kosten“ noch einen Betrag von EUR 21.000.- in Abzug gebracht.
Diesen Abzug hielt der OGH aus Anlass der außerordentlichen Revision des Klägers für nicht gerechtfertigt. Er begründete dies damit, dass der Kläger nur Kosten für die Beseitigung seiner durch die Behandlungsfehler verursachten gesundheitlichen Beschwerden geltend gemacht habe. Somit habe der Kläger allein den Ersatz künftig fällig werdender Heilbehandlungskosten begehrt, weshalb sich die Frage des Ersatzes an Sowieso-Kosten hier überhaupt gar nicht stelle.
Der OGH trug dem Erstgericht auf, über die Prozesskosten in erster und zweiter Instanz neu zu entscheiden.
In erster Instanz war neben der Frage der Haftung dem Grunde und der Höhe nach auch intensiv um die internationale Zuständigkeit des vom Kläger angerufenen LG Feldkirch sowie darüber gestritten worden, ob über den Fall nach österreichischem oder ungarischem Recht zu entscheiden war.
Auch in dieser Hinsicht konnte RA Dr. Bösch den Standpunkt seines Mandanten vor Gericht erfolgreich durchsetzen.
Mediale Berichterstattung über diesen Fall:
- Neue Vorarlberger Tageszeitung 10.12.2023: „Fehlerhafte Behandlung bei Zahnarzt“
- Die Presse, Rechtspanorama 11.12.2023: „Verpfuscht: Klinik in Ungarn muss 100.000 € zahlen“
- Der Standard Online 13.12.2023: „Zahnarztpanne in Ungarn: Patient bekommt 100.000 Euro“