NEWS 01/2016

Nun auch gesetzliche Verankerung der Business Judgement Rule in Österreich

Ausgangssituation

Unternehmerische Entscheidungen sind bekanntlich risikobehaftet. Wird eine Unternehmensleitung einem zu rigorosen Haftungsregime unterworfen, lähmt dies die Entscheidungsfreude und kann deshalb eine volkswirtschaftlich unerwünschte innovationsfeindliche und auch überängstliche Unternehmensführung bewirken.

In Deutschland hat der Bundesgerichtshof daher bereits im Jahr 1997 anerkannt, dass einem Unternehmensleiter bei seinen unternehmerischen Entscheidungen ein bestimmter Spielraum zusteht und ihn keine persönliche Haftung trifft, wenn er ausreichend gut informiert und seine Entscheidung nachvollziehbar im besten Sinne des Unternehmens getroffen hat. Diese aus dem amerikanischen Recht stammende Regel für einen Haftungsfreiraum bei unternehmerischen Entscheidungen (sogen. „Business Judgement Rule“) hat der deutsche Gesetzgeber 2005 in sein  Aktienrecht übernommen. 

Maßnahmen des österreichischen Gesetzgebers

a)      Gesellschaftsrechtliche Komponente

Nun hat auch der österreichische Gesetzgeber entsprechend reagiert und im Rahmen des Strafrechtsänderungsgesetzes 2015 (BGBl I Nr 112/2015) die Business Judgement Rule im heimischen Aktien- und auch im GmbH-Gesetz verankert. Die entsprechenden Bestimmungen sind per 01.01.2016 in Kraft getreten.

Diesen gesetzlichen Bestimmungen zufolge handelt ein Vorstandsmitglied bzw. ein Geschäftsführer jedenfalls dann im Einklang mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters, wenn er sich bei der unternehmerischen Entscheidung nicht von sachfremden Interessen leiten lässt und auf der Grundlage angemessener Information annehmen darf, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln.

Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer sollen demnach für die negativen Folgen einer unternehmerischen Entscheidung nur noch dann verantwortlich gemacht werden können, wenn sie einen relativ weiten Ermessensspielraum einerseits eklatant oder unvertretbar überschritten haben. Der Business Judgement Rule genügende unternehmerische Entscheidungen sind demgegenüber einer gerichtlichen Haftbarmachung entzogen, wenn die Entscheidung auf Basis angemessener Informationen, frei von Interessenkonflikten und in der begründeten Annahme getroffen wurde, im besten Interesse des Unternehmens zu handeln.

b)      Strafrechtliche Komponente

Zeitgleich hat der österreichische Gesetzgeber auch den Untreuetatbestand des Strafgesetzbuchs (§ 153 StGB) geändert und per 01.01.2016 in Kraft gesetzt.

Der neu eingeführte Absatz 2 des § 153 StGB sieht vor, dass „seine Befugnis [nur] missbraucht, wer in unvertretbarer Weise gegen solche Regeln verstößt, die dem Vermögensschutz des wirtschaftlich Berechtigten dienen“.

Rechtspolitischer Hintergrund dieser Änderung war, fortan auch die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Geschäftsleitern zu entschärfen, zumal es in der Vergangenheit auch in umstrittenen Grenzfällen wiederholt zu Verurteilungen von Unternehmensverantwortlichen gekommen war.

Damit wird zugleich auch nachvollziehbar, weshalb die aktien- und gmbh-rechtliche Verankerung der Business Judgement Rule im Wege eines „Strafrechtsänderungsgesetzes“ erfolgte.

Fazit

Die Business Judgement Rule bewirkt eine aus unternehmerischer Sicht begrüßenswerte Haftungsfreistellung (safe harbor) für Ermessensentscheidungen der Vertretungsorgane, wenn die Anforderungskriterien dieser Regel erfüllt sind. Nachdem das Organmitglied die Voraussetzungen für die Vermutung des pflichtgemäßen Handels im Sinne der Business Judgement Rule im Streitfall zu beweisen hat, empfiehlt es sich, die einschlägigen Entscheidungsgrundlagen sowie das Zustandekommen der Entscheidungsfindung entsprechend sorgfältig zu dokumentieren.

Kein haftungsfreier unternehmerischer Ermessensspielraum besteht indessen dort, wo sich eine Pflichtverletzung bereits aus einer Kompetenzverletzung ergibt oder wo etwa Insichgeschäfte vorliegen. 

 

 

 

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