NEWS 05/2015

Erbrechtsreform verbessert Auskunftsanspruch bei pflichtteilsrelevanten Schenkungen

Wer nicht in Erfahrung bringen kann, welches Vermögen ein Verstorbener hinterlassen oder was dieser bereits zu Lebzeiten verschenkt hat, wird sich schwer tun, seine erb- oder pflichtteilsrechtlichen Ansprüche wirkungsvoll durchzusetzen. Erbrechtliche Informationsansprüche sind deshalb die Grundvoraussetzung für jede effektive erbrechtliche Anspruchsverfolgung.

Umso erstaunlicher ist es, dass die österreichische Rechtsprechung bisher nicht im Stande war, die Durchsetzung erbrechtlicher Auskunftsansprüche in ausreichendem Ausmaß zu gewährleisten. Sie gewährte bezüglich Schenkungen eines Verstorbenen zwar dem gesetzlichen Erben gegenüber den anderen Miterben sowie gegenüber der Verlassenschaft einen Auskunftsanspruch, versagte einen solchen Anspruch aber dann, wenn ein Geschenknehmer nicht zum Kreis der gesetzlichen Erben zählte (vgl. Ob 55/13 s mwN). Kinder eines Verstorbenen konnten somit beispielsweise Auskunft über Sparbuchschenkungen erhalten, die der Verstorbene zu seinen Lebzeiten ihrer Mutter zukommen ließ, nicht aber über Sparbuchschenkungen, die seine spätere Lebensgefährtin oder seine Geliebte erhalten hatten.

Ein Blick auf die einschlägige Rechtslage in der Schweiz und in Deutschland zeigt, dass es sich bei dieser dem Zweck des gesetzlichen Pflichtteilsrechts eindeutig zuwiderlaufenden Gerichtspraxis um ein österreichisches Kuriosum handelte. Die heuer im Nationalrat verabschiedete Erbrechtsreform wird diesem rechtlichen Missstand nun ein Ende bereiten. Nach neuem Erbrecht kann ein Pflichtteilsberechtigter von jedem Geschenknehmer Auskunft über anrechnungspflichtige Schenkungen verlangen. Dies sieht der mit 01. Jänner 2017 in Kraft tretende § 786 ABGB in der Fassung des Erbrechtsänderungsgesetzes 2015 nun ausdrücklich vor.

Generell zu beachten ist, dass lebzeitige Schenkungen des Verstorbenen sowohl nach bisherigem als auch nach neuem Recht nur dann bei der Pflichtteilsermittlung mitberücksichtigt werden, wenn dies verlangt wird.

Eine besondere praktische Rolle spielen erbrechtliche Informationsansprüche vor allem gegenüber Banken, bei denen der Erblasser zu seinen Lebzeiten Konten unterhalten oder Sparbucheinlagen sowie Wertpapierdepots gehalten hat. Auch Ansparguthaben aus Lebensversicherungen des Verstorbenen sowie Zuwendungen eines Erblassers an privatnützige Stiftungen sind pflichtteilsrechtlich relevant. Entsprechende Information ist somit auch hier das Um und Auf jeder weiteren erbrechtlichen Anspruchsbegründung.

 

Eine inhaltlich weitgehend deckungsgleiche Version ist am 31.10.2015 im Rechtspanorama der Vorarlberger Nachrichten veröffentlicht worden.

                                                           

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