NEWS 02/2017

Verwaltungsgerichtshof zu Hauptwohnsitzbefreiung bei Immobilienveräußerungen

Seit 2012 werden Erträge aus der Veräußerung privater Immobilien umfassend besteuert. Besteuert wird dabei aber nicht der gesamte Veräußerungserlös, sondern grundsätzlich der Überschuss, also die Differenz zwischen Anschaffungskosten und Veräußerungserlös. Eine wichtige Ausnahme von der Steuerpflicht macht der Gesetzgeber jedoch seit jeher für die Veräußerung von Immobilien, die dem Veräußerer als Hauptwohnsitz gedient haben: wer Eigentümer einer zu veräußernden Liegenschaft ist und die letzten zwei Jahre vor der Veräußerung oder fünf Jahre während der letzten zehn Jahre vor der Veräußerung in der veräußerten Immobilie seinen Hauptwohnsitz hatte, entgeht der Besteuerung. Dabei gilt die Steuerfreiheit gilt nicht nur für das Gebäude, sondern grundsätzlich auch für den zugehörigen Grund und Boden. Damit bewirkt diese sogen. Hauptwohnsitzbefreiung eine elementare steuerliche Entlastung für den Veräußerer der Immobilie.

Ob auch bei verhältnismäßig großen Wohngrundstücken der gesamte Grund und Boden unter die Hauptwohnsitzbefreiung fällt, war seit der Einführung der umfassenden Immobilienertragsbesteuerung umstritten. Die Finanzverwaltung ging von Anfang an davon aus, dass der begünstigte Grund und Boden mit 1.000 m² beschränkt ist. Das Bundesfinanzgericht entschied hingegen 2015, dass dem Gesetz eine Größenbeschränkung nicht entnommen werden könne (BFG 17.4.2015, RV/2101044/2014). Über das Rechtsmittel des Finanzamtes gegen diese Entscheidung hat der Verwaltungsgerichtshof (VwGH 27.03.2017, Ro 2015/15/0025) nunmehr entschieden, dass die Hauptwohnsitzbefreiung bei Grund und Boden der Größe nach beschränkt ist, und zwar

in jenem Ausmaß […], das ‘üblicherweise als Bauplatz erforderlich ist’ [...] Die Beurteilung, welche Grundstücksgröße üblicherweise für einen Bauplatz erforderlich ist, richtet sich [demnach] nach der Verkehrsauffassung.”

Was dies konkret zu bedeuten hat, wird gegenwärtig in Fachkreisen intensiv diskutiert. Insbesondere: Gibt es eine bundesweit einheitliche Verkehrsauffassung oder ist diese regional bzw. lokal (Villenviertel) unterschiedlich? (vgl. hierzu etwa den Aufsatz unseres Mitarbeiters F. K. Vogl, „Die Hauptwohnsitzbefreiung für Grund und Boden ist doch beschränkt“, SWK 2017, 713 ff).

Um entsprechender Rechtsunsicherheit entgegenzuwirken, hat das Bundesministerium für Finanzen nun klargestellt, dass es an seiner Rechtsansicht (steuerfrei sind 1.000 m²) auch in Zukunft festhalten wird. Sollte sich die Finanzverwaltung aber z. B. in einem einzelnen Fall nicht an diese Vorgabe halten (was vorkommen kann), so wird man für ein erfolgversprechendes Rechtsmittel nicht nur gute Argumente benötigen, sondern im Hinblick auf das Erkenntnis des VwGH auch aufpassen müssen, dass der Schuss nicht nach hinten losgeht.

Beim Immobilienertragsteuerrecht handelt es sich um eine noch relativ junge Materie, bei der noch längst nicht alle wichtigen Rechtsfragen abschließend geklärt sind. Nachdem es bei Immobilientransaktionen regelmäßig um hohe Geldbeträge geht, dürfte es sich zumeist lohnen, eine kompetente Beratung einzuholen. Nur so können alle in Betracht kommenden steuerlichen Vergünstigungen optimal ausgeschöpft werden. 

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