NEWS 4/2020

VW Abgasskandal: EuGH erklärt österreichische Gerichte für Schadenersatzprozesse betreffend in Österreich verkaufte Volkswagen PKWs mit Schummelsoftware für international zuständig

Im VW Abgasskandal geht es um eine unzulässige Software, die die Volkswagen Aktiengesellschaft („VW“) in Dieselfahrzeugen installiert hat. Die Software erkennt, wenn sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand befindet und initiiert dann eine Abgasbegrenzung. Dies hat zur Folge, dass die Abgasaufbereitung optimiert wird und möglichst wenige Stickoxide (NOx) entstehen. Im echten Fahrbetrieb wird die Abgasbegrenzung durch das Programm wieder deaktiviert. So wird zwar weniger Sprit verbraucht, aber es werden wesentlich höhere Stickoxide als angegeben freigesetzt.

In seiner Entscheidung vom 09.07.2020 stellte der EuGH im Zuge eines Vorabentscheidungsverfahrens aus Anlass eines Rechtsstreites zwischen dem österreichischen Verein für Konsumenteninformation (VKI) und der Volkswagen AG mit Sitz in Deutschland klar, dass in VW Abgasskandalfällen eine Ausnahme vom allgemeinen Gerichtsstand am Wohnsitz/Sitz des Beklagten Platz greift. Eine solche Ausnahme sieht Art. 7 Nr. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vor. Danach kann eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, geklagt werden.

Das mit einem Abgasskandalfall befasste österreichische Gericht ersuchte den EuGH um Klärung, ob sich der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs im Falle des Erwerbs eines abgasmanipulierten Fahrzeugs dort befindet, wo der Käufer sein Fahrzeug erworben hat. Obwohl die von VW hergestellten Fahrzeuge nach Ansicht des EuGH bereits beim Einbau der manipulierenden Software mit einem Mangel behaftet waren, befand er, dass sich der geltend gemachte Schaden erst zum Zeitpunkt des Erwerbs dieser Fahrzeuge durch einen Erwerb zu einem Preis, der über ihrem tatsächlichen Wert lag, verwirklicht hat. In den VW Abgasskandalfällen liegt der Schaden eines Käufers in jener Wertminderung des Fahrzeugs, die sich aus der Differenz zwischen dem Preis, den der Erwerber für ein abgasmanipuliertes Fahrzeugs bezahlt hat und dem Preis, den der Erwerber für dasselbe, normgerechte Fahrzeug bezahlt hätte. Die Kläger gehen in diesem Fall von einer Wertminderung von 30 % aus.

Wer als Hersteller wissentlich gegen die für ihn geltenden gesetzlichen Vorschriften verstößt, muss - so der EuGH - damit rechnen, dass der Schaden an dem Ort eintritt, an dem das fragliche Fahrzeug von einer Person erworben wurde, die berechtigterweise annehmen durfte, dass das Fahrzeug diesen Vorschriften entsprich, und die anschließend feststellt, dass sie über eine mangelhafte Sache mit geringerem Wert verfügt.

Die Rechtsanwaltskanzlei Dr. Bösch hat von Anfang an die Rechtsansicht vertreten, dass österreichische Käufer von im Inland erworbenen, abgasmanipulierten VW-Fahrzeugen über einen inländischen (österreichischen) Gerichtsstand verfügen. Unsere Klienten wurden auch dementsprechend beraten und vertreten.

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