NEWS 03/2017

Wie man sein Erbrecht verlieren kann – zur Erbunwürdigkeit nach neuem Erbrecht

Erbwürdigkeit als Voraussetzung um erben zu können

Per 01.01.2017 ist in Österreich ein neues Erbrecht in Kraft getreten. Dieses enthält nun auch eine Neuregelung der Gründe, die zum Verlust des Erbrechts führen können. Mit diesem Newsletter wird ein kurzer Überblick über die neuen gesetzlichen Bestimmungen betreffend die sogen. Erbunwürdigkeit gegeben.

Hat ein Verstorbener mittels Testament nicht anderweitig verfügt, dann steht seinen gesetzlichen Erben ein Erbrecht an seinem Vermögen zu. Die dem Verstorbenen nächste Linie – das sind seine Kinder, sein Ehegatte oder eingetragener Partner - geht dem gesetzlichen Erbrecht weiter entfernter Linien vor. In bestimmten Fällen können allerdings sowohl testamentarisch eingesetzte als auch gesetzliche Erben ihre Erbenstellung verlieren. Denn die Befähigung Erbe zu werden, setzt nach dem Gesetz neben der Rechtsfähigkeit zugleich auch die Erbwürdigkeit voraus.

Absolute und relative Erbunwürdigkeit

Als absolut erbunwürdig gilt wer gegen den Verstorbenen oder dessen Verlassenschaft vorsätzlich eine Straftat begangen hat, die mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist oder wer absichtlich die Verwirklichung des letzten Willen des Verstorbenen vereitelt oder dies versucht hat. Wer demgegenüber gegen die nächsten Verwandten des Erblassers eine mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohte gerichtlich strafbare Handlung begangen hat, gilt bloß als relativ erbunwürdig. Relativ erbunwürdig sind auch diejenigen, die dem Verstorbenen in verwerflicher Weise schweres seelisches Leid zugefügt oder ihm gegenüber die zwischen Eltern und Kind bestehenden rechtlichen Pflichten gröblich vernachlässigt haben. Der entscheidende Unterschied zwischen diesen beiden Kategorien besteht darin, dass der Erblasser bei der relativen Erbunwürdigkeit den entsprechenden Grund in seinem Testament ausdrücklich anführen muss, wenn er davon Kenntnis hat. In den Fällen einer absoluten Erbunwürdigkeit ist dies nicht erforderlich.

Anwendungsbeispiele

Praktisch bedeutsam sind vor allem die Fälle der Zufügung schweren seelischen Leids und der groben Vernachlässigung familiärer Pflichten. Die erste Fallkonstellation ist beispielsweise verwirklicht, wenn der Erblasser in einer Notsituation im Stich gelassen oder schwer gekränkt wurde. Eine schwere Kränkung wird jedenfalls bei intensivem Psychoterror vorliegen, unter Umständen können aber auch permanente Herabsetzungen oder Beschimpfungen ausreichen. Hier spielen die Umstände des Einzelfalls eine entscheidende Rolle. Familiäre Pflichten sind etwa dann gröblich vernachlässigt, wenn der Kontakt mit dem Erblasser über einen langen Zeitraum hindurch grundlos verweigert wird.

Für den juristischen Laien mitunter kuriose erbrechtliche Konsequenzen können die gesetzlichen Strafbarkeitsgrenzen nach sich ziehen. Stiehlt ein Kind dem Erblasser beispielsweise 200.000 Euro, dann wird es damit nicht erbunwürdig. Stiehlt demgegenüber die testamentarisch von ihm eingesetzte heimliche Geliebte den Betrag von 6.000 Euro, dann ist sie erbunwürdig. Der Grund für diese unterschiedliche Behandlung liegt darin, dass die Begehung strafbarer Handlungen im Familienkreis einen wesentlich geringeren Strafrahmen nach sich zieht. Auch unbefugte Konto- oder Sparbuchräumungen sowie Testamentsunterdrückungen bzw. Testamentsfälschungen bilden Anwendungsfälle einer Erbunwürdigkeit.

Verzeihung

Der Erblasser kann dem Erbunwürdigen dessen Verfehlungen verzeihen. Damit wird die Erbunwürdigkeit beseitigt. Eine Verzeihung liegt dann vor, wenn der Erblasser ausdrücklich oder durch sein schlüssiges Verhalten zum Ausdruck bringt, dass er dem Erbunwürdigen sein Fehlverhalten nicht mehr nachträgt.

Empfehlung

Wo Erbunwürdigkeitsgründe verwirklicht sein dürften, empfiehlt sich jedenfalls die Einholung fachkundigen juristischen Rats. Erst nach Erhebung aller relevanten Begleitumstände lassen sich die juristischen Konsequenzen richtig einstufen und gegebenenfalls auch umsetzen.

(diesen Beitrag hat RA Dr. Harald Bösch in leicht abgewandelter Form im Journal der Vorarlberger Rechtsanwälte, Juni 2017, veröffentlicht)

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