NEWS 02/2018

Neues zum Pflegeregress

Zur Erinnerung: Per 1.1.2018 wurde der Pflegeregress abgeschafft. Im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz ist seither im Verfassungsrang geregelt, dass ein Zugriff auf das Vermögen von in stationären Pflegeeinrichtungen aufgenommenen Personen, deren Angehörigen, Erben/Erbinnen und Geschenknehmer/innen im Rahmen der Sozialhilfe zur Abdeckung der Pflegekosten unzulässig ist. Daraus folgt, dass zwar der Zugriff auf Vermögen unzulässig ist, das Einkommen der im Pflegeheim lebenden Person aber weiterhin zur Deckung der Pflegekosten herangezogen werden darf.

Nach einer aktuellen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes kommt das Verbot, auf das Vermögen der Betroffenen zuzugreifen, auch dann zum Tragen, wenn die Leistungen des Sozialhilfeträgers bereits vor dem 1.1.2018 erbracht wurden und das Verfahren zur Durchsetzung des Pflegeregresses vor diesem Stichtag anhängig gemacht worden ist.

Gewisse Bezirkshauptmannschaften halten trotz dieser Verfassungsbestimmung offenbar weiterhin daran fest, auf das Vermögen der Betroffenen zuzugreifen:

Forderung von gesetzlichen Zinsen der geschenkten Sache wegen Dürftigkeit:

Personen, die über entsprechendes Vermögen verfügen, ziehen es häufig vor, bereits zu Lebzeiten ihr Vermögen zu verschenken. Nun scheint es gängige Behördenpraxis zu sein, von den Geschenknehmern etwa die gesetzlichen Zinsen der geschenkten Sache mit der Begründung zu verlangen, die Geschenkgeberin sei in Not geraten.

Dies ist aus zivilrechtlicher Sicht zwar grundsätzlich möglich, allerdings wird dadurch auch nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg unmittelbar auf das Vermögen der Geschenknehmer zurückgegriffen, was nach der Abschaffung des Pflegeregresses verfassungswidrig ist. Das Landesverwaltungsgericht hat diese Vorgehensweise daher bereits in zwei Fällen für unzulässig erachtet. Begründend führt es aus, es werde im Ergebnis auf die geschenkte Sache gegriffen. Dabei könne es nicht wesentlich sein, dass sich die Forderung lediglich auf die gesetzlichen Zinsen beziehe. Auch diese stünden in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der geschenkten Sache.

Zulässige Verwertung eines Fruchtgenussrechts?

Bei Schenkungen einer bebauten Liegenschaft behalten sich die Geschenkgeber oftmals ein Fruchtgenuss- oder ein Wohnungsgebrauchsrecht vor. Während ein Wohnungsgebrauchsrecht bloß zur persönlichen Nutzung berechtigt, umfasst ein Fruchtgenussrecht auch die Berechtigung, das Objekt zu vermieten.

Zumindest gewisse Bezirkshauptmannschaften sind nun offenbar dazu übergegangen, die Bewilligung der Übernahme der Heimkosten unter der Auflage zu erteilen, dass ein zugunsten des Pflegeheimbewohners bestehenes Fruchtgenussrecht durch Vermietung der geschenkten Liegenschaft zu verwerten sei.

Somit stellt sich die Frage, ob es die Erträge aus einer derartigen Vermietung dem Einkommen der pflegebedürftigen Person zuzuordnen sind oder ob damit auf das Vermögen der Geschenknehmer zurückgegriffen wird. Unseres Erachtens kann auch in diesem Fall argumentiert werden, dass die Verwertung des Fruchtgenussrechts in unmittelbarem Zusammenhang mit der geschenkten Liegenschaft steht und daher auch mit dieser Maßnahme in verfassungswidriger Weise auf das Vermögen der Geschenknehmer zurückgegriffen wird, zumal diese nicht mehr frei über die geschenkte Sache verfügen können.

Selbst wenn die Höchstgerichte in Zukunft aussprechen sollten, dass die Bewilligung der Übernahme der Pflegekosten von der Bedingung der Verwertung von Fruchtgenussrechten abhängig gemacht werden darf, kann dies nicht uneingeschränkt gelten. Ein Grund, der unseres Erachtens jedenfalls gegen die Verwertbarkeit eines Fruchtgenussrechtes spricht, wäre etwa ein dringender Wohnbedarf eines nahen Angehörigen.

Berücksichtigt werden sollte auch der Umstand, dass den Fruchtnießer die Pflicht zur Erhaltung der Sache trifft. Es muss ihm daher auch zugestanden werden, aus den Mietzinsen eine angemessene Rücklage für etwaige Erhaltungsarbeiten zu bilden. Ein Zugriff auf den gesamten Mietzins wäre aus diesem Grund unseres Erachtens unzulässig. Fraglich ist auch, ob der Fruchtnießer zu umfangreichen Reparaturen und Sanierungen verpflichtet werden kann, sollte das Objekt aufgrund seines Zustandes für eine Vermietung nicht geeignet sein.

Diese Fragen werden wohl stets abhängig vom konkreten Einzelfall zu beantworten sein. Sollten Sie sich mit derartigen Bedingungen der Bezirkshauptmannschaften konfrontiert sehen, stehen wir Ihnen für eine Beratung gerne zur Verfügung.

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